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Udo Callsen

 

 

 

 

 

 

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Udo wurde am 28.04.1962, als 3. lebendes Kind  seiner Eltern geboren. Seine  Mutter hatte insgesamt 10 Schwangerschaften, 5 Kinder überlebten. Durch eine Blutunverträglichkeit (Rhesus-faktor), starben einige Kinder sehr früh. Udo überlebte durch einen sofortigen Blutaustausch.

 

In seinen ersten 4 Lebensjahren in Schleswig-Holstein mussten seine Eltern, auf der Suche nach einem Arbeitsplatz für den Vater, ca. 20x mit den kleinen Kindern umziehen.  Das Familienleben war zudem geprägt von der Alkoholabhängigkeit und Nikotinsucht seiner Eltern, Streit, Gewalt und großer Armut.

In Nordrhein-Westfalen fand der Vater eine dauerhafte Anstellung, die Familie zog zuerst nach Velbert und dann nach Neviges in eine Barackensiedlung.  Die Kinder waren meist sich selbst überlassen. Udo verbrachte viel Zeit draußen mit Freunden, am liebsten beim Fussballspielen.

Er kam, wie alle seine Geschwister, in eine Sonderschule für lernschwache Kinder. Er hatte Zeit seines Lebens mit einer Lese -und Rechtschreibschwäche zu kämpfen.

 

In Neviges lebte auch Hr. Deichmann (bekannt durch die Schuhgeschäfte), ein überzeugter Christ und Mitglied der dortigen Brüdergemeinde. Ihm legte Gott aufs Herz, für die Kinder der Barackensiedlung ein Fest zu veranstalten und Mitarbeiter anzusprechen, die bereit waren jeden Samstag die Kinder zu einer Jungscharstunde abzuholen und Zeit mit ihnen zu verbringen. Auf seinem Hof erzählten die Mitarbeiter biblische Geschichten und spielten mit den Jungen Fußball. Udo sagte später: „Ehrlich gesagt, ich habe von dem, was ich aus der Bibel hörte, nichts verstanden!“ Da seine Eltern Atheisten waren, kannte er den Namen „Gott“ bisher nur aus dem „Wort zum Sonntag“, einer Fernsehsendung. Trotzdem war er und auch seine Geschwister, bei den wöchentlichen Treffen sehr gern dabei. Hr. Deichmann organisierte auch Weihnachtsfeiern und jedes Kind bekam einen Gutschein für ein paar Schuhe! Auch wurden vom ihm ehrenamtliche Helfer angesprochen, die den Kindern Nachhilfeunterricht gaben und Freizeiten durchführten. Dieses Vorbild von selbstloser Liebe hat Udo sehr beeindruckt! Auch begann er langsam zu begreifen, dass Gott ihn selber ganz persönlich ansprechen wollte. Bei einer Zeltevangelisation 1975 nahm er Jesus als seinen Retter und Herrn an.

Von diesen 70-80 Kindern, die wöchentlich in der Jungschar waren, ist den damaligen Mitarbeitern nur von Udo und einem Mädchen bekannt, die ein Leben mit Jesus lebten! Was für eine Gnade!

 

Im Jahr 1977 begann ein neuer Lebensabschnitt, die Familie zog nach Neuss. Dort hatte Udo zunächst zwei Jahre lang keinen Kontakt zu Christen, entfernte sich persönlich auch immer mehr von Jesus. Die Familiensituation war noch angespannter als zuvor, da der Vater ins Gefängnis musste und die Mutter arbeiten ging um die Kinder zu ernähren. Zudem ließen sich die Eltern scheiden.

Die Gemeinde in Neviges betete weiterhin für die Familie, und eines Tages kam es zu einem Telefongespräch von Volker und Jutta Seel, einem gläubigen Ehepaar aus Neuss, und Hanna Leyer, einer Mitarbeiterin der Gemeinde in Neviges, zwecks einer missionarischen Aktion. Bei diesem Gespräch kam Hanna Leyer auch auf Udo zu sprechen, und bat die Familie Seel sehr darum, Udos Familie zu besuchen. So kam der Kontakt zu Familie Seel zustande, die Gott gebrauchte, um Udos Leben zu prägen. Durch sie bekam er wieder Gemeindeanschluss und konnte in der Jungschar und bei Straßeneinsätzen mithelfen. Die Beiden nahmen Udo in ihre kinderreiche Familie auf und förderten ihn auch sehr in schulischen Dingen. Dort begann Udo zu erfahren, dass Familienleben auch etwas sehr Schönes sein kann. Sein früherer Entschluss, nie zu heiraten, wurde hier verändert. Seine Geschwister nahmen die angebotene Hilfe leider nicht an.

In der Baptistengemeinde in Neuss wurde er mit 18 Jahren getauft. Kurz vorher liess er sich seine langen Haare schneiden. Das war für ihn ein Zeichen seines Neubeginns im Glauben.

 

Nach dem mühevoll errungenen Hauptschulabschluss arbeitete er in einer Schreinerei und dann in einem Schraubengroßhandel. Da er nicht Soldat werden wollte und dies auch anerkannt wurde, stellte sich die Frage, wo er seinen Zivildienst machen konnte. Ein Freund riet ihm, nach Bochum zu gehen, da dort Christen im Krankenhaus waren und es auch eine Jugendgruppe gab.

Im Jahr 1982 zog er für 13 Monate dorthin, dort lernte er dann auch mich, Christiane, kennen. Ich hatte gerade meine Ausbildung zur Krankenschwester abgeschlossen. In dieser Zeit verliebten wir uns ineinander und beschlossen zu heiraten. Für Udo ging es aber nach dem Zivildienst

zunächst nach Neuss zurück, wo wir auch 1985 den Bund der Ehe schlossen.

Udos Wunsch war schon lange, eine Bibelschule zu besuchen, da er Festigkeit und Grundlagen im Wort Gottes suchte. So ging es 1986 als kleine Familie, mit unserer ersten Tochter, nach Kirchberg a.d.Jagst , zunächst für eine einjährige Ausbildung. Aus diesem einen Jahr wurden drei. Wir erlebten Gottes Versorgung so oft, denn Geld hatten wir nicht viel. In dieser Zeit wurde unsere zweite Tochter geboren.

Es stellte sich die Frage, wo es nach der Bibelschule hingehen sollte, zurück nach Neuss, evtl. nach Ostfriesland oder nach Augsburg, wo Udo ein Gemeindepraktikum gemacht hatte. Die Wohnungssuche gestaltete sich schwierig, wir waren ratlos! Zu dem Zeitpunkt, an dem es völlig aussichtslos schien eine Wohnung zu finden, und wir nicht wussten wie Gott uns weiter führen wollte, rief eine Frau aus Augsburg an, die wir nicht kannten, und bot uns eine Wohnung an.  Dies sahen wir als Wegweisung Gottes!

In Augsburg konnte Udo in der Gemeinde mitarbeiten und auch noch eine Ausbildung zum Industriemechaniker abschliessen.  Auch das war für ihn, als Sonderschüler, eine große Herausforderung und auch Erfahrung von Gottes Hilfe! Er arbeitete dann 25 Jahre bei der Firma Washtec, die Autowaschanlagen produziert.

 

 In der Gemeinde in Augsburg lernte er Gläubige kennen, die im Glonntal (zwischen Augsburg und München) begonnen hatten eine Gemeinde zu gründen. 1998 ergab sich die Möglichkeit, mit nun inzwischen 4 Kindern, (Hanna, Lydia, Johannes und Daniel), nach Egenburg zu ziehen. Bereits ein Jahr später fand das erste von 17 Zeltlager statt. Er hatte ein Herz für Kinder und es war ihm immer ein Wunsch, auch durch die eigenen Erfahrungen in der Kindheit, dass Kinder und Jugendliche von Jesus Christus hören.

Im letzten Jahr war das Zeltlager schon mit einem Team von jungen Mitarbeitern vorbereitet, musste aber durch Udos schwere Krebserkrankung abgesagt werden. Noch kurz vor seinem Tod legte er einigen Kindern aufs Herz, Gott darum zu bitten, dass wieder ein Zeltlager stattfindet.

 

Sein geistliches Zuhause war die Bibelgemeinde Glonntal. Die ersten Jahre der Gemeinde waren von schweren Krisen gekennzeichnet, sicher auch durch persönliches Versagen. Doch Gott griff ein und schenkte ein tieferes Verständnis seiner Gnade. Dies hatte auch Auswirkungen auf das Miteinander in der Gemeinde und die Beziehung der Verantwortlichen veränderte sich zu einer tiefen, persönlichen Freundschaft.  Udo liebte die Geschwister, die Gemeinschaft mit ihnen im Gottesdienst und die vielen alltäglichen Begegnungen und gegenseitigen Hilfestellungen.

Die Bibelgemeinde wurde für ihn immer mehr zu seiner „erweiterten Familie“, was besonders in der Krankheitszeit deutlich wurde.

Die Krebserkrankung war für ihn, die Familie und auch für die Geschwister in der Gemeinde natürlich ein Schock, der erstmal verarbeitet werden musste. Aber an keinem Tag habe ich Udo verzweifelt erlebt! Er glaubte fest an Gottes Plan und Führung in seinem Leben und konnte so auch die Krankheit aus Gottes Hand nehmen. In seinem Herzen herrschte ein großer Frieden und seine Beziehung zu Gott war tiefer als jemals zuvor. Seine Krankheit hat nicht nur ihn, sondern auch uns als Familie und die Gemeindegeschwister in unseren Herzen verändert. Die Prioritäten des Lebensalltags sind einem neuen Blick auf Jesus und einem wachsenden Verlangen gewichen, gemeinsam danach zu streben, Christus ähnlicher zu werden (Eph. 4,13).

Viele Besucher kamen und drückten ihr Bedauern über seine Krankheit aus. Er sagte denen, die Jesus nicht kennen, dass nur derjenige zu bedauern ist, der stirbt und keinen Frieden mit Gott hat!

Am 9.1. ist er, im Alter von 56 Jahren, zu unserem Vater in den Himmel gegangen. Er starb ruhig und mit einem bleibenden Lächeln im Gesicht!

 

Wir sind so dankbar für die gemeinsame Zeit, für sein konsequent gelebtes Glaubensleben und seine tiefe Freude über Jesus, seinen Retter, Herrn und Freund. Sein letztes Gebet war: „Ich bin befreit. Danke Jesus! Ich bin befreit.“

 

Noch vor ca. 8 Jahren erlebte er eine tiefe Glaubenskrise und war in einer depressiven Verfassung. Er fühlte sich bis dahin oft als Versager, der Gottes Ansprüchen niemals gerecht wird. In dieser Zeit wurde ihm umso deutlicher bewusst, dass Jesus aus Gnade, nicht aus Werken, bereits alles für ihn getan hat ( Eph. 2,8-10). Die Erkenntnis, dass er von Gott schon längst, um der Gerechtigkeit Christi willen, gerecht gesprochen wurde und er nun unverklagbar vor Ihm stehen kann, war für ihn eine Befreiung. Er wurde befreit von seinen phasenweise großen, lebenseinschränkenden Ängsten und seiner Niedergeschlagenheit. Gott schenkte ihm einen tiefen inneren Frieden und ein völliges Gottvertrauen. Früher war er oft ungeduldig, unbedacht in seinen Worten, aber er ließ sich von Gott verändern. Dies wurde uns zum Vorbild und zum sichtbaren Zeichen von Gottes Wirken in seinem Leben.

Zu seiner Beerdigung (bei Schnee und Kälte), kamen ca. 300 Menschen. Wir waren überwältigt von der Anteilnahme und der Wertschätzung für Udo.

Das hat Gott getan! Aus dem Baby im Brutkasten, dem Sonderschüler, dem Kind aus der Barackensiedlung, hat Gott sich ein geistliches Werkzeug geformt, zu seinem Lob und seiner Ehre. Dies wurde vielen anderen zum Vorbild. Gott hat ihn nicht nur aus der Verlorenheit des Lebens herausgerufen, sondern ihn nun zu sich gerufen mit dem großen Vorrecht, schon jetzt bei Jesus in seiner Herrlichkeit sein zu dürfen.

Ich vermisse ihn sehr und freue mich auf das Wiedersehen bei unserem Heiland!

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Am 9. Januar 2019starb mein Mann, Udo Callsen.

Wer war er, was hat sein Leben geprägt und verändert und warum ist es das wert, über ihn zu berichten? Sicher nicht zu Udos Ehre, (er hätte nicht so viel über sich erzählt), sondern allein zu Gottes Lob und um zu sehen, wie der Herr eingreift und führt.

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